Richtigstellung: Das Bundesverfassungsgericht hat nicht festgestellt, dass die NPD verfassungswidrig ist.

Seit dem Urteil vom 17.1.2017 wird von vielen Medien der Eindruck erweckt, das Bundesverfassungsgericht hätte wie folgt entschieden:

  1. Die Verfassungswidrigkeit der NPD wird festgestellt.
  2. Aber sie ist zu unbedeutend, deshalb wird sie nicht verboten.

Das ist falsch. Ein solches Urteil ist nach der herrschenden Rechtslage gar nicht möglich.

Denn in § 46 Absatz 1 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes heißt es:

„Erweist sich der Antrag (auf Parteiverbot) als begründet, so stellt das Bundesverfassungsgericht fest, dass die politische Partei verfassungswidrig ist.“

Und weiter in Absatz 3:

„Mit der Feststellung ist die Auflösung der Partei…. und das Verbot, eine Ersatzorganisation zu schaffen, zu verbinden.“

Eine Partei für verfassungswidrig zu erklären, sie aber nicht zu verbieten, geht nicht. Um so vorgehen zu können, hätten die Parteien das Gesetz ändern müssen, etwa so:

„Mit der Feststellung kann die Auflösung der Partei verbunden werden“.

Auf diese Weise hätte man die Forderung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, dass bei Parteiverboten der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten ist, ins Gesetz einbauen können. Eine Entscheidung, die die Verfassungswidrigkeit feststellt, aber aus Gründen der Verhältnismäßigkeit auf ein Verbot verzichtet, wäre zulässig gewesen.

Da die erforderliche Gesetzesänderung versäumt wurde, konnte das Urteil nur auf „Alles oder Nichts“ lauten. Was bedeutet: Der Antrag der Bundesländer, die NPD für verfassungswidrig zu erklären, wurde abgelehnt.

Wörtlich heißt es im Urteil: „Die Anträge des Antragsstellers ( des Bundesrates) werden zurückgewiesen“. Und zwar, wie hinzuzufügen ist, alle! Auf Verbot, und auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit.

In dem Urteil werden zwar einzelne Programmpunkte und Aussagen der NPD für grundgesetzwidrig erklärt. Aber all dies reicht nicht aus, um die Partei generell als verfassungswidrig zu brandmarken, und ist damit bedeutungslos. Vergleichbar einem Strafurteil, in dem Indizien aufgezählt werden, die gegen den Angeklagten sprechen, aber nicht für einen Schuldspruch reichen. Was zählt, ist allein der Freispruch.

Wie soll also ein Gesetzestext lauten, der die NPD von der Parteienfinanzierung ausschließt?

Parteien, die einzelne verfassungsfeindliche Ziele verfolgen, im Ganzen aber nicht verfassungswidrig sind, sollen keine Wahlkampfkostenerstattung erhalten? Das dürfte schwierig werden.

Wie ist nun dieser falsche Eindruck entstanden, dass die Verfassungswidrigkeit der NPD festgestellt worden sei?

Dem Bundesverfassungsgericht kann man nicht vorwerfen, dass es die Öffentlichkeit getäuscht hätte. Es hat allerdings seinen Auftritt bei der Urteilsverkündung sehr geschickt inszeniert, wie eine routinierte Theatertruppe, und die Aufmerksamkeit vom Eigentlichen – der Zurückweisung der Anträge – abgelenkt und dafür Nebensächlichkeiten in den Vordergrund gerückt.

Vielleicht in der Hoffnung, oberflächliche, aufmerksamkeitsgestörte und nicht richtig zuhörende Prozessbeobachter – sprich, die Presse – könnten die Entscheidung falsch verstehen. So geschah es auch.

Aber noch einmal: Die NPD ist nicht nur nicht verboten worden. Der Antrag, ihre Verfassungswidrigkeit festzustellen, ist ebenfalls abgelehnt worden. Sie ist also keine verfassungswidrige Partei.

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