Pflegekräfte und Impfpflicht – wie ist die Rechtslage?

Am 10.Dezember 2021 – nach der Bundestagswahl! – beschlossen die herrschenden Parteien unter Bruch ihrer Wahlversprechen ein Gesetz, das eine Impfpflicht für Arbeitnehmer im Gesundheits- und Pflegesektor beinhaltet, falls diese nicht als Genesene gelten oder aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können.

Diese neue Bestimmung nennt sich § 20 a des Infektionsschutzgesetzes.

Sie besagt: Bis zum 15.3.2022 muss jeder Beschäftigte in der Gesundheits- oder Pflegewirtschaft seinem Arbeitgeber Folgendes vorlegen:

1) Einen Impfnachweis im Sinne des § 2 Nummer 3 der „ Covid 19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung“ in der jeweils gültigen Fassung.

oder 2) Einen Genesenennachweis im Sinne des § 2 Nummer 5 der „Covid 19-Schutzmaßnahmenverordnung“ in der jeweils gültigen Fassung.

oder 3) Ein ärztliches Zeugnis darüber, daß man aufgrund einer medizinischen Kontradiktion nicht gegen das Corona-Virus Sars-Cov-2 geimpft werden kann.

Die „Covid 19 – Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung“ ist eine Vorschrift für sich.
Sie bestimmt, was ein Geimpfter ist und was ein Genesener ist.

Ein Geimpfter im Sinne dieser Verordnung ist jemand, der keine Symptome hat und im Besitz eines auf ihn ausgestellten Impfnachweises ist.

Ein Genesener im Sinne dieser Verordnung ist jemand, der erkrankt war und aufgrund eines PCR-Tests als genesen gilt, wobei der Test mindestens 28 Tage her sein darf und höchstens 6 Monate.

Betroffen von diesen Gesetzen sind nicht nur Pflegekräfte, sondern auch alle Menschen, die in Krankenhäusern arbeiten, in Arzt- und Zahnarztpraxen, bei Rettungsdiensten sowie in allen sonstigen Heilberufen. Vermutlich sogar Heilpraktiker, was aus dem Gesetz aber nicht eindeutig hervorgeht.

Also im Klartext:

Der 15.März naht. Man arbeitet beispielsweise in einem Pflegeheim.
Was braucht man?

Einen schriftlichen Impfnachweis. Im Gesetz steht nicht, auf wie viele Impfungen sich dieser beziehen muss. Deshalb dürfte eine reichen. Ein Nachweis über eine Impfung ist schließlich auch ein Impfnachweis.

Oder einen schriftlichen bzw. digitalen Nachweis über einen PCR-Test, der mindestens 28 Tage her ist und höchstens 6 Monate und der den Betreffenden als genesen ausweist.

Oder ein ärztliches Schriftstück über die Unverträglichkeit einer Impfung.

Spannende Frage: Was geschieht mit denen, die keines dieser Dokumente vorlegen können?

In diesem Fall ist der Arbeitgeber, wie in jeder guten Diktatur, gezwungen, beim Gesundheitsamt Meldung zu machen.

Das Gesundheitsamt speichert diese Daten und kann so Listen von Nichtgeimpften anlegen.
Wie sich das mit dem Datenschutz verträgt, bleibt das Geheimnis der Machthaber.

Wenn der Arbeitgeber keine Meldung macht, drohen ihm hohe Bußgelder. Zahlt er die nicht, kann er ins Gefängnis kommen.

Das nennt sich Erzwingungshaft. So gesehen lügt der SPD-Gesundheitsminister Lauterbach, wenn er behauptet, es würde niemand ins Gefängnis geworfen werden. Oder er hat keine Ahnung.

Hat der Arbeitgeber dem Gesundheitsamt die Daten derer, die keinen der verlangten Nachweise vorlegen konnten, zukommen lassen, kann das Amt ab dem 16.3.2022 gegen die betreffenden Beschäftigten Tätigkeits- und Aufenthaltsverbote verhängen.

Man bekommt einen Brief, in dem steht: Sie dürfen sich nicht mehr in dem Pflegeheim aufhalten, in dem sie arbeiteten. Sie dürfen nicht mehr als Pflegekraft tätig sein.

Wer das nicht beachtet, wird mit Bußgeldern bedroht.

Zwar ist es möglich, Widerspruch gegen solche Anordnungen einzulegen. Die haben aber keine aufschiebende Wirkung. Die Anordnungen gelten trotz Widerspruchs sofort.

Damit können die betroffenen Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistungen nicht mehr erbringen.

Folge: Der Arbeitgeber muss ihnen keinen Lohn mehr zahlen. Sie gelten dann als „freigestellt“. Das Arbeitsverhältnis besteht aber fort.

Aber: Dazu ist der Arbeitgeber nicht gezwungen. Falls er erfahrene, qualifizierte Arbeitskräfte halten will, darf er sie weiterhin bezahlen. Nur auf das Betriebsgelände lassen darf er sie nicht.

Ob er wegen der Nichtvorlage einer der verlangten Bescheinigungen auch kündigen darf, steht nicht im Gesetz und geht auch aus der Gesetzesbegründung nicht genau hervor.

Wahrscheinlich ja. Darauf zielt das Gesetz ja ab.

Was kann man jetzt tun, wenn man weder geimpft noch genesen ist?

1. Ärztlich untersuchen lassen. Vielleicht findet sich eine Unverträglichkeit mit dem Impfstoff. In Frage kommen Allergien gegen Bestandteile des Impfstoffs, aber auch psychische Erkrankungen.

2. Vor dem 15.März leider krank werden. Denn dann hat man keinen Anspruch mehr auf Arbeitsentgelt, sondern zunächst auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Die stellt keine Gegenleistung für die Tätigkeit am Arbeitsplatz dar, den man, da krank, ja gerade nicht aufsuchen kann. Es folgen 78 Wochen Krankengeld.

3. Bei Freistellung oder gar Kündigung hätte man eine Chance vor den Arbeitsgerichten, wenn man nachweisen könnte, daß der Arbeitgeber auch Arbeitsplätze anbieten könnte, für die keine Impfung erforderlich wäre. Oder entsprechende Arbeitsmöglichkeiten. Zum Beispiel Home Office. Das wäre das mildere Mittel verglichen mit Freistellung oder Kündigung.

4. Infizieren, krank werden und dann genesen. Riskant, aber eine Alternative zur Impfung.

5. Sich rechtzeitig beim Arbeitsamt arbeitssuchend melden.

6. Sofort Arbeitslosengeld I beantragen, wenn die Lohnzahlung eingestellt wird. Dabei spielt es keine Rolle, daß das Arbeitsverhältnis bei Freistellung formal weiter besteht. Der Anspruch ist gegeben, wenn man die tatsächliche Tätigkeit nicht mehr ausübt. Dann ist man beschäftigungslos im Sinne des Gesetzes.

7. Falls das Arbeitsamt Schwierigkeiten macht, sofort vor dem Sozialgericht klagen. Gleichzeitig, für die Dauer des Verfahrens, Arbeitslosengeld II beantragen. Denn man ist dann erst einmal bedürftig.

8. Sich gegebenenfalls einen Job in einer anderen Branche besorgen, wie es jetzt viele in der Gastronomie Tätige machen. In manchen Arbeitsbereichen werden die Leute so mies behandelt, daß es besser ist zu gehen.

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