Menschenversuch Inklusion oder: Wer nicht hören will, muß fühlen

Inklusion, die gemeinsame Beschulung von behinderten und nichtbehinderten Kindern, „hat auch Grenzen“, erklärte jüngst die neue Bildungsministerin Birgit Hesse. Vor allzu großen Erwartungen an die neue Form angeblicher Menschheits-Beglückung warnten angesehene Wissenschaftler allerdings schon vor Jahren.

Hesse zufolge sollen für Kinder mit sehr hohem Förderbedarf gesonderte Klassen eingerichtet werden. Entsprechende Überlegungen gebe es in ihrem Ressort. Speziell verwies die Ministerin auf Heranwachsende mit deutlichen Verhaltensauffälligkeiten. Für diesen Kreis gelte es, „eine andere Lösung“ zu finden, da sie naturgemäß Unruhe in einen Klassenverband bringen und die Lehrer überfordern. Deutliche Grenzen für eine inklusive Beschulung gebe es auch im Bereich der Seh- und Hörbehinderungen.

Wie sagten Oma und Opa doch schon immer? Wer nicht hören will, muß fühlen. Schon frühzeitig warnten ernstzunehmende Wissenschaftler vor allzu großen Erwartungen an die von linksliberalen Utopisten teils fanatisch vertretene schulische Inklusion. Dazu einige Beispiele:

Erkenntnisse von angesehenen Wissenschaftlern

Kinder mit „Störungen der sozial-emotionalen Entwicklung“, also Verhaltensauffällige, „erzeugen in der Schule erhebliche Probleme, belasten den Unterricht und das Gemeinschaftsleben – aufgrund einer besonderen Lerngeschichte und weil ihnen ihre inneren Notwendigkeiten oft keine andere Wahl lassen. Sie stehen sich selbst und anderen gleichermaßen im Weg, kommen mit sich selbst nicht zurecht und deshalb auch nicht mit ihren Mitschülern. Und diese nicht mit ihnen. Daß diese Gruppe besonders schwierig zu integrieren ist, liegt auf der Hand“, schreibt Prof. Bernd Ahrbeck, der sich an der Humboldt-Uni Berlin schwerpunktmäßig mit Verhaltensgestörten-Pädagogik befaßt, in seinem 2011 im Verlag Kohlhammer erschienenen Buch Der Umgang mit Behinderung (S. 23).

Prof. Christian Lindmeier vom Institut für Sonderpädagogik der Uni Koblenz-Landau zählte schon 2009 zu den Personengruppen, die nicht oder nur sehr mühsam in Regelschulen zu integrieren sind, schwer- und mehrfachbehinderte Kinder, des weiteren einen Teil der chronisch und fortschreitend erkrankten Heranwachsenden, darüber hinaus stark verhaltensgestörte und notorisch den Unterricht schwänzende Jugendliche sowie einen Teil der Kinder mit autistischer Problematik. Lindmeier bezog sich dabei auf ein 2007 herausgegebenes und kommentierendes Handbuch zur UN-Behindertenrechts-Konvention (Ahrbeck, S. 28).

Förderschulsystem erhalten

Aus Sicht von Forschern wie Urs Haeberlin und Lothar Tent stellt sich die emotionale und soziale Situation von lernbehinderten Kindern in Förderschulen im allgemeinen besser dar. „Sie erleben sich als weniger ängstlich, fühlen sich wohler, haben ein besseres Selbstwertgefühl, schätzen ihr Arbeitsverhalten und ihre Fähigkeiten vergleichsweise günstiger ein, insbesondere im Vergleich zu integrierten Schülern ohne spezielle Förderung“ (Ahrbeck, S. 32).

Der Schweizer Heilpädagoge Emil Erich Kobi (1935 – 2011) sprach sich 2008 gegen den moralisierenden Absolutheitsanspruch aus, mit dem die Inklusion in Szene gesetzt wird. Sonderschulen gerieten so in den Verdacht, inhumane Einrichtungen zu sein. Auf diese Weise werde das Freiheitsprinzip verletzt; Wahlmöglichkeiten müßten erhalten bleiben (Ahrbeck, S. 53).

Die frühere NPD-Landtagsfraktion reichte bereits 2013 einen Antrag ein, mit dem der Erhalt des Förderschul-Systems gefordert wurde (siehe hier). Im übrigen ist in der 2007 von der BRD anerkannten UN-Behindertenrechts-Konvention „an keiner Stelle davon die Rede …, daß Sonderschulen … abzuschaffen seien“, stellte die Frankfurter Allgemeine Zeitung im Juni 2014 in einem Beitrag zur Inklusions-Debatte fest.

Und Birgit Hesse? Eine konsequente Umkehr sollte man von ihr eher nicht erwarten – laut Medienberichten ist sie „ein absoluter Verfechter der Inklusion“ …

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